„Wir setzen Akzente, motivieren und steuern um“

In der Januar-Ausgabe des WEP Report ließ Elfi Heesch ihr erstes Jahr als Landrätin des Kreises Pinneberg Revue passieren. In dieser Ausgabe blickt sie auf den Kreis als Wirtschaftsregion und berichtet über das Engagement des Kreises, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen.

Frau Heesch, der Kreis Pinneberg gehört zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen in der Bundesrepublik. Doch auch hier sind Fachkräftemangel und Gewerbeflächenknappheit angekommen, muss der Turbo in Sachen Digitalisierung und Klimaschutz eingeschaltet werden. Sehen Sie auch für die Kreisverwaltung Möglichkeiten, die hiesige Wirtschaft bei diesen Herausforderungen zu unterstützen?
Das tun wir schon und werden in Zukunft auch noch mehr tun. Wir haben zahlreiche Hebel, um unsere Gestaltungsfunktion bei den notwendigen Transformationsprozessen zu nutzen. Wir setzen Akzente, motivieren und steuern dort um, wo wir aktiv gestalten können.

Wo wäre das zum Beispiel?
Das ist beispielsweise der Bereich ÖPNV, da der Kreis Träger des Busverkehrs ist. Das sind aber auch Themen wie Gesundheitsmanagement, Kitaausbau, Bildung – alles Themen, die sich direkt auf die Lebensqualität und damit auf die Attraktivität unserer Region - natürlich auch für neue Fachkräfte - auswirken.

Um Fachkräfte zu gewinnen und die Attraktivität des Kreises als Wirtschaftsstandort zu kommunizieren, arbeiten wir mit unserer Kreiswirtschaftsförderung - der WEP - und den Kommunen an einer Standortkampagne. Und um unseren Unternehmen auch künftig Raum zur Entwicklung bieten zu können, wird in diesem Jahr die Gewerbeflächenprognose der Regionalen Kooperation Westküste fortgeschrieben.

Wir sind sehr daran interessiert, Gewerbegebiete mit einer dekarbonisierten Energieversorgung zu bekommen. Denn auch beim Thema Energie bedarf es strategischer Überlegungen, in welchen Bereichen wir im Kreis noch neue Impulse setzen können. Weitere Beispiele sind der Ausbau der Ladekapazitäten für E-Autos und Wasserstofftankstellen für den Schwerlastverkehr an den hiesigen Autobahnen. Oder auch der geplante Radschnellweg, den wir voranbringen und Pendlern damit eine Alternative bieten wollen. All das verbessert die Standortattraktivität und fördert zugleich den Klimaschutz.

Ein anderes wichtiges Thema: Um für die Betriebe den Kontakt zur Verwaltung zu verschlanken, arbeiten wir an der Digitalisierung von Antragsverfahren. Im vergangen Herbst haben wir eine Kooperationsveranstaltung „Digitaler Kreis“ initiiert. Solche Formate woll­­­en wir ausbauen.   

Sie sprachen von der Standortkampagne für den Kreis. Welche Eigenschaften müssten sich Ihrer Meinung nach in dieser Marke unbedingt widerspiegeln?
Der Weg einer solchen Markenbildung ist sehr spannend und vielschichtig. Ich weiß um die Diskussionen und möchte dem Ergebnis nicht vorgreifen.

Wichtig wäre mir nur, dass sich viele Akteure finden, die diese Marke gemeinsam tragen und voranbringen wollen. Da hoffe ich auf breite Unterstützung aus der Wirtschaft und auch von den Kommunen, denn schließlich können auch alle davon profitieren, wenn der Kreis Pinneberg als Wirtschaftsstandort wahrgenommen wird und sich so weitere Betriebe ansiedeln und Fachkräfte davon überzeugt werden können, in den Kreis Pinneberg zu kommen.

Zurück zum Thema Verkehr. Welche Schalthebel hat der Kreis für eine bedarfs- und klimagerechte Verkehrsinfrastruktur in der Hand?
Sowohl die Wirtschaft als auch die Bürger*innen brauchen eine leistungsfähige und in jeder Hinsicht bedarfsgerechte Verkehrsinfrastruktur. Das muss das Ergebnis sein. Es obliegt dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein, sich darauf zu verständigen, welche zusätzlichen Bedarfe im Bereich Autobahnbau und -ausbau an welchem Ort und in welcher Form erforderlich sind. Langjährig versprochene Infrastrukturprojekte, die bereits planerisch auf dem Weg sind, sollten in jedem Fall zügig umgesetzt werden. Eine wichtige Rolle spielt der im Nahverkehrsplan des Landes vorgesehene Schienenausbau. Diesen brauchen wir für die Mobilitätswende und eine Veränderung des Modal Split (Anm. d. Red.: Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf die verschiedenen Verkehrsmittel).

Im ÖPNV sind wir bereits einige große Schritte vorangekommen. Wir haben als Kreis Pinneberg unser finanzielles Engagement deutlich aufgestockt, höhere Taktungen im Busverkehr eingeführt und mit neuen Linien bessere Verbindungen geschaffen. Ein zentraler Beitrag zur Mobilitätswende ist die neue Buslinie 395, die jetzt endlich als Ergänzung zu den Verkehrsströmen in Richtung Hamburg auch eine Querverbindung schafft. Im Nahverkehrsplan stehen zahlreiche Projekte an, die wir als Kreis sehr begrüßen: etwa die Nordverlängerung der S21 nach Quickborn und Kaltenkirchen, eine noch höhere Taktung der S1 Richtung Wedel und der S3 Richtung Pinneberg. Wir investieren natürlich auch in unser Straßennetz sowie in den Ausbau von Radwegen. Das Fahrrad wird als Verkehrsmittel noch viel mehr in den Mittelpunkt rücken. Beim Thema Mobilitätswende ist jeder selbst gefragt, den eigenen Beitrag zu leisten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Mobilität mit ÖPNV und dem Fahrrad für die letzte Meile oft sehr gut funktioniert – zumal in einem eher städtisch geprägten Kreis wie unserem.

Gründergeist ist wichtig für eine wachsende Wirtschaft mit genügend Arbeitsplätzen, und der war im Kreis Pinneberg von jeher groß. Im Gegensatz zu anderen Kreisen gibt es hier kein Gründungszentrum. Jetzt ist dieses Thema auf den Weg gebracht worden. Begrüßen Sie das?
Ich begrüße sehr, dass die Kreispolitik hier die Initiative ergriffen und damit das Projekt auf den Weg gebracht hat. Ein solches Gründungszentrum würdigt den Innovationsgeist, den diese Region zu bieten hat. Denn neue Ideen brauchen auch das entsprechende Umfeld, um wachsen und gedeihen zu können. Das passiert, wenn Akteure aus unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen, also aus dem Bildungssektor, aus Forschung und Wissenschaft, Akteure aus der bestehenden heimischen Wirtschaft, natürlich auch Kapitalgeber und dann eben die innovativen Köpfe, die dieses Netzwerk brauchen. An solchen Orten entsteht Zukunft.

Die WEP ist Ansprechpartnerin Nummer eins für Unternehmen und Investoren. Wie beschreiben Sie im Interesse der Unternehmen eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und WEP?
Unsere Zusammenarbeit hat ein gemeinsames Ziel – eine erfolgreiche, wachsende und nachhaltige Wirtschaft hier im Kreis Pinneberg. Die Zusammenarbeit begreife ich deshalb auch als Partnerschaft. Um diese zu pflegen und lebendig zu halten, braucht es eine gute Kommunikation, also einen regelmäßigen Austausch und gegenseitige Wertschätzung. Darauf gründet Vertrauen, das wir brauchen, um effektiv etwas für den Kreis Pinneberg zu bewegen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Heesch.

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