Ein Jahr Landrätin im Kreis Pinneberg

Mit dem Antritt des Postens als Landrätin im Januar 2021 kehrte Elfi Heesch (57) nach vierjähriger Tätigkeit im brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung und 25 Jahren in der Hamburger Verwaltung in ihre Heimat Schleswig-Holstein zurück. Für den WEP REPORT blickt sie auf ihr erstes Jahr als Chefin der Kreisverwaltung.

Frau Heesch, seit Januar 2021 sind Sie die Landrätin des Kreises Pinneberg. Was ist das als gebürtige Steinburgerin für ein Gefühl?
Ich bin gern und voller Überzeugung Landrätin des Kreises Pinneberg. Die Region ist mir vertraut, die Mentalität der Menschen liegt mir. Von daher kann ich mich sehr gut mit meiner Aufgabe hier identifizieren. Gleichwohl profitiere ich aber natürlich auch von den verschiedenen Stationen, die schon hinter mir liegen. Ob die hamburgischen Bezirksämter, das Institut für Hygiene und Umwelt in Hamburg, die Finanzbehörde oder aber die Leitung der Abteilung für Wohnungswesen und Stadtentwicklung im brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung – als Landrätin begegne ich allen diesen Themen wieder. Das hilft sehr.

Mit welchen Vorstellungen und Erwartungen sind Sie in dieses Amt gegangen, welche neuen Ideen haben Sie mitgebracht?
Von Anfang an war mir bewusst, dass meine Aufgabe als Landrätin und damit als Generalistin darin liegt, die vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen der Kreisverwaltung so zu organisieren, dass künftige Herausforderungen wirksam und kraftvoll bearbeitet werden können. So gesehen geht es uns nicht anders als der Wirtschaft: Genauso wie Unternehmen müssen wir uns organisatorisch an die Zukunftsaufgaben anpassen und entsprechende Transformationsprozesse auf den Weg bringen. Die Corona-Pandemie oder auch Ereignisse wie im Ahrtal haben deutlich gemacht, dass die Herausforderungen zahlreich und drängend sind, auf die wir uns einstellen müssen. Themen wie Klimawandel oder Digitalisierung dulden keinen weiteren Aufschub und müssen jetzt angepackt werden. Allerdings ist der Schutz des Klimas eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und keine Aufgabe, die Politik oder Verwaltung alleine lösen können. Den Bürger*innen ist die Bedeutung des Klimaschutzes bewusst. Ich sehe uns als Kreisverwaltung also auch nicht in der Rolle, den Bürger*innen den Weg vorzugeben. Trotzdem zählen natürlich Vorbilder. So haben wir beispielsweise unseren Fuhrpark auf E-Mobilität umgestellt. Wir wollen zukünftig aber noch mehr tun und prüfen gerade unsere Möglichkeiten im Gebäudemanagement. Zudem schärfen wir als Kreisverwaltung mit Bildungsmaßnahmen der Klimaleitstelle in Schulen, Kitas und Kommunen das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Wir machen also Angebote. In Sachen Mobilität zählt letztlich auch das individuelle Verhalten.

Wie blicken Sie jetzt auf Ihr erstes Jahr
Es war ein Jahr, in dem wir viel zu bewegen hatten und uns auf eine sich ständig verändernde Lage flexibel einstellen mussten. Kurzum: Das Operative stand im Vordergrund. Trotzdem darf die strategische Seite nicht zu kurz kommen. Auch wenn Corona immer wieder Priorität hatte, so gibt es doch auch zahlreiche andere Themen, die sowohl wichtig als auch dringlich sind. Ich freue mich, diese Themen in Zukunft noch mehr in den Fokus nehmen zu können. Was den Umstrukturierungs-Prozess betrifft, habe ich im letzten Jahr Zeiten im Sommer und Herbst nutzen können, um mit den Führungskräften die notwendigen Veränderungen zu diskutieren und anzuschieben. Da geht es jetzt weiter. Außerdem möchte ich gerne noch viel mehr Akteure im Kreis kennenlernen. Auch dies ist wegen der Corona-Einschränkungen bisher viel zu kurz gekommen.

Welche Aufgaben haben 2022 für Sie Priorität?
Zunächst steht die Bewältigung der Corona-Pandemie weiterhin ganz oben auf der Agenda. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten wieder zurückkehren können in eine Situation der annähernden Normalität. Höchste Priorität behalten die Themen Klimawandel, Mobilitätswende und Digitalisierung. Da sind gesellschaftliche Transformationsprozesse gefragt. Ganz konkret auf die Kreisverwaltung geschaut, geht es darum, die Weichen so zu stellen, dass wir den großen Aufgaben der nächsten Jahrzehnte gewachsen sein werden.
Im Bereich der Wirtschaftsförderung ist das geplante Gründungszentrum wichtig. Beim Gründungszentrum werden wir in 2022 interessierte Kommunen auffordern, Konzepte zu Errichtung und Betrieb eines solchen Zentrums einzureichen. Außerdem passen wir unsere Gewerbeflächenprognose aus dem Jahr 2015 an die aktuellen Anforderungen an, um den Unternehmen auch zukünftig ausreichend Raum für ihre Weiterentwicklung bieten zu können. Wichtig wird auch sein, dass wir uns noch mehr auf die Bedarfe der Zukunft ausrichten. Was können wir beispielsweise bei der Entwicklung von Flächen beitragen, damit neue oder brachliegende Flächen trotz Bebauung nachhaltig und klimagerecht genutzt werden.  

Corona hat Ihren Arbeitsalltag von Anfang an begleitet. Ist es Ihnen trotz der besonderen Beanspruchung und der Beschränkungen durch das Virus gelungen, sich einen Überblick über die heimische Wirtschaft zu verschaffen und Kontakte zu knüpfen?
Ich bin sehr gern in Kontakt mit Menschen. Insofern hat mich Corona schon ein wenig ausgebremst. Sehr gern hätte ich noch mehr Betriebe vor Ort besucht und mit den Akteuren vor Ort gesprochen. Das plane ich jetzt für 2022.

6. Welche Eindrücke haben Sie gewonnen?
Diese Region ist wirtschaftlich gut aufgestellt. Zum einen stimmen die Voraussetzungen, die wir hier haben. Die sehr gute und dichte Infrastruktur innerhalb des Kreises gehört dazu, genauso natürlich die Verkehrsanbindung an die Logistik-Drehscheibe Hamburg und die vielen Netzwerk-Möglichkeiten innerhalb der Metropolregion. Hier gilt es darauf zu achten, dass die Infrastrukturen an die künftigen Anforderungen angepasst und da, wo es notwendig ist, auch ausgebaut werden – Autobahn, Schienenverkehr oder ÖPNV-Angebote. Zu den Standortvorteilen gehören aber genauso auch die Menschen. Erfahrene Unternehmer*innen, weitblickende Investoren, gut ausgebildete Arbeitskräfte, attraktive Hochschulen und dazu junge, ideenreiche Gründer*innen. In dieser Mischung aus gewachsenen Strukturen und frischen Ideen entstehen Dynamik und Wachstumschancen. Auch deshalb freue ich mich auf das geplante Gründungszentrum, das die verschiedenen Akteure miteinander in den Austausch bringen wird. Das wird ein Magnet sein und sicherlich auch viele neue Impulse in die Wirtschaft vor Ort geben.

Was kann der Kreis im Hinblick auf Corona für Unternehmen tun?
Die WEP stellt den Unternehmen zum Beispiel auf der Homepage eine Übersicht mit Informationen zu den Überbrückungshilfen und, darüber hinaus, auch zu weiteren Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Auch direkt beim Pandemiemanagement spielt die Wirtschaft eine Rolle. Angesichts der hohen Infektionszahlen haben wir priorisieren müssen. Die Infizierten und besondere Ausbruchsgeschehen stehen jetzt im Vordergrund. Eine weitere klare Priorität ist für uns, dass wir Kitas und Schulen offen halten wollen. Das kommt arbeitenden Eltern zugute und damit auch den Unternehmen. Dennoch ist klar, dass Corona sich auf Unternehmen negativ auswirkt. Hier muss unser gemeinsames Bestreben sein, die Folgen möglichst gering zu halten.


Den zweiten Teil des Interviews mit der Landräten lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe des WEP Reports.

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