„Das Energie- und Rohstoffproblem ist hausgemacht“

Dr Sven Wieczorek, Geschäftsführer des Tornescher Pumpenherstellers WittePumps, befürchtet, dass der deutsche Maschinebau künftig noch stärker unter dem Wettbewerbsdruck leiden wird. Foto: WittePumps/Valeska Achenbach

Die schlimme Zeit der Corona-Pandemie haben die meisten Unternehmen mit großer Anstrengung und einer Menge Kreativität einigermaßen gut überstanden. Doch statt Normalität folgt mit dem Ukraine-Krieg immer neues Ungemach. Lieferengpässe, steigende Inflation und astronomische Energiepreise beherrschen seither den Betriebsalltag und lassen viele, vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verzweifeln.

Dr. Sven Wieczorek, Geschäftsführer des mittelständischen Pumpenherstellers WittePumps in Tornesch, blickt für den WEP Report auf die Auswirkungen dieser Entwicklung – sowohl für die besonders betroffene Metallbranche, zu der sein Unternehmen zählt, als auch für seinen eigenen, international tätigen Betrieb.  

WEP Report: Herr Wieczorek, die Maschinen- und Anlagenbauer wie WittePumps gehören zu den Unternehmen der Metallindustrie. Sie gelten als beschäftigungsstärkste Branche der deutschen Industrie und sind eines der wichtigsten Glieder in der Wertschöpfungskette vieler anderer Industriezweige, werden zudem als Innovationstreiber hinsichtlich der Transformation in das Zeitalter der Industrie 4.0 gesehen. Wie stellt sich die Situation ihrer so wichtigen Branche durch die Kriegsfolgen gerade dar und welche Auswirkungen sehen Sie auf den deutschen Industriestandort?

Wieczorek: Die Kriegsfolgen sind im Maschinenbau deutlich zu spüren. Da hauptsächlich metallische Werkstoffe verbaut werden, spürt man die Verknappung und die damit verbundene Verteuerung deutlich. Die Wärmebehandlung von Metallen beispielsweise erfolgt hauptsächlich mit Erdgas und Strom. Hier sind starke Kostensteigerungen zu sehen. Die Werkzeugmaschinen laufen mit Strom und somit ist auch hier ein erheblicher Kostendruck entstanden. Die hohe Inflation führt zu durchaus berechtigten Lohnsteigerungen und damit zu erhöhten Arbeitskosten, die die Wettbewerbsfähigkeit einschränken. Alle Faktoren zusammen belasten den deutschen Industriestandort gewaltig.

Und wie schätzen Sie unter diesen Umständen die Zukunftschancen für den Maschinenbau in Deutschland ein?

Der deutsche Maschinenbau wird zukünftig noch stärker unter dem Wettbewerbsdruck leiden. Ein wichtiger Punkt wird gerne immer übersehen. Es herrscht Arbeitskräftemangel in Deutschland. Durch den massiven Ausbau der Landesverteidigung werden in diesem Bereich auch zusätzliche Arbeitskräfte, z.B. Mechaniker oder Elektroniker benötigt. Die öffentliche Hand wird dadurch zum Wettbewerber auf dem ohnehin schon engen Arbeitsmarkt. Wenn wir es nicht schaffen, qualifizierte Arbeitnehmer von außen nach Deutschland zu holen, dann wird es sehr eng.  

WittePumps kreiert und baut Pumpen für verschiedenste Produktionsprozesse in Industriebereichen wie Chemie und Kunststoff. Ihr Betrieb ist also nicht mit der besonders betroffenen Metallherstellung oder -verarbeitung befasst, sondern mit ingenieurswissenschaftlichen Aufgaben wie Entwicklung und Konstruktion sowie der Beschaffung und der Montage der notwendigen Komponenten. Dennoch gehen Lieferschwierigkeiten und steigende Preise gewiss nicht an WittePumps vorbei. Was sind die derzeit größten Herausforderungen?

Die größten Herausforderungen sind die Sicherstellung der Lieferketten sowie der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Witte Pumps & Technology ist glücklicherweise in der Situation, dass die Auftragslage hervorragend ist. Wir gehen von einem Rekordauftrag zum nächsten. Wir könnten noch mehr Umsatz machen, wenn nicht die Engpässe bei der Materialbeschaffung und im Personalwesen wären. Allerdings drücken die stark gestiegenen Kosten gewaltig auf das Ergebnis und das tut weh. Preiserhöhungen können nicht vollumfänglich weitergegeben werden und die Optimierung der Prozesse lässt sich auch nicht ewig steigern.  

Welche Konsequenzen hat das und wie gehen Sie damit um?

Wir werden weiter optimieren müssen und mehr Komponenten aus Ländern beziehen, in denen die Energiekosten noch überschaubar sind. Beim Fachkräftemangel setzen wir verstärkt auf die eigene Ausbildung. Auch machen wir uns als Arbeitgeber attraktiver mit Programmen wie JobRad, Sportaktivitäten oder sehr flexiblen Arbeitszeitmodellen. Der Standort Tornesch ist für uns gesetzt und wir werden alles tun, um hier weiterhin vernünftig wirtschaften zu können.  

Nutzt Ihr Unternehmen bereits Möglichkeiten der Energieeffizienz und den Einsatz Erneuerbarer Energien?

Witte wird bis Ende des Jahres weit über Euro 100.000 in eine neue intelligente Beleuchtung investieren, die den Stromverbrauch signifikant reduziert. Durch unseren Neubau in Tornesch-Oha mit Wärmepumpe und modernster Dämmung nach KfW Regelwerk sind wir schon gut aufgestellt. Weiterhin haben wir bei den Stadtwerken Tornesch Verträge über Ökostrom und Ökogas laufen. Trotzdem prüfen wir sorgfältig weitere Maßnahmen.

Halten Sie die bislang verkündeten staatlichen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen für ausreichend und kann auch WittePumps davon profitieren?

Wie bereits erwähnt, ist die wirtschaftliche Lage bei Witte aktuell gut. Wir brauchen daher keine staatlichen Hilfen und überlassen diese gerne den Unternehmen, die es dringender brauchen.

Zum Schluss noch ein Blick über den Tellerrand. Sie haben in- und ausländische Kunden in zahlreichen Branchen und auch eigene Niederlassungen und Vertretungen weltweit. Können Sie mit ein paar bezeichnenden Beispielen sagen, was Sie von dort über deren Situation hören?

Das Energie- und Rohstoffproblem ist hausgemacht. Ich möchte es überhaupt nicht werten, denn wir alle haben über Jahrzehnte hinweg vom billigen Erdgas und günstigen Rohstoffen aus Russland profitiert. Wir können das Problem jetzt nur gemeinsam mit viel Vernunft und ohne Schuldzuweisungen lösen. Unsere Tochterunternehmen in USA und China können über uns nur lächeln und zeigen wenig Verständnis für unsere Verhältnisse. Außer einem leicht erhöhten Benzinpreis merken die wenig von den Energiekostensteigerungen. Während deutsche Elektromotorenhersteller den Preis in 2022 um mehr als 30% angehoben haben, stiegen die Preise bei einem vergleichbaren Hersteller in China nur um 4%. Das macht schon nachdenklich.

Herr Dr. Wieczorek, herzlichen Dank für Ihre Zeit.

Krisenzeiten schließen Erfolge nicht aus: WittePumps realisierte 2021 den bisher größten Auftrag der Firmengeschichte mit 24 hochpräzisen Zahnradpumpen, die nach China geliefert wurden, und geht seither von einem Rekordauftrag zum nächsten. Foto: WittePumps

Die WITTE PUMPS & TECHNOLOGY ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen des Maschinenbaus mit weltweit 88 Mitarbeitern. Der Betrieb stellt hochpräzise Zahnradpumpen für unterschiedlichste Industriebereiche und Anwendungen her. Pro Jahr entstehen zwischen 1000 und 1500 Zahnradpumpen unterschiedlichster Größen und Designs, die weltweit in der Herstellung von Kunststoffen oder zur Förderung von Chemikalien eingesetzt werden. WITTE wurde vor 1984 gegründet und ist nicht nur Hersteller von Zahnradpumpen, sondern auch Technologiepartner vieler namhafter Industrieunternehmen.

Witte Pumps & Technology GmbH
Lise-Meitner-Allee 20
25436 Tornesch

Telefon: (04120) 70 65 9-0
E-Mail: info@witte-pumps.de
Internet: www.witte-pumps.com

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