Corona-Krise - wie geht es regionalen Unternehmen?

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stellen Unternehmen und Solo-Selbstständige vor bisher ungekannte Herausforderungen, die Wirtschaft muss nach Einschätzung von Experten mit einer deutlichen Rezession rechnen. Wie hat das Virus den Firmenalltag verändert, die Geschäfte beeinflusst? Sind Existenzen bedroht oder sind eher neue Chancen daraus erwachsen? Hat die alte Volksweisheit, Not macht erfinderisch, sich bewahrheitet? Der WEP REPORT online wollte es wissen und hat in einigen regionalen Unternehmen verschiedener Branchen nachgefragt - online selbstverständlich - und die Firmenchefs haben gern kooperiert und geantwortet.

WITTE PUMPS & TECHNOLOGY, Tornesch

WITTE PUMPS & TECHNOLOGY, Tornesch
Dr. Sven Wieczorek:
Wir setzen alles daran, unseren Kunden auch in Krisenzeiten ein zuverlässiger Partner für Zahnradpumpen zu sein, und haben sehr frühzeitig die maximal möglichen Maßnahmen ergriffen, um das Infektionsrisiko zu reduzieren, die Produktion aufrecht zu erhalten und lieferfähig zu bleiben. Verschärfte Hygienemaßnahmen, strikte Einhaltung der Abstandsregel, weitgehende Digitalisierung der Kommunikation im Mitarbeiterkreis und mit Kunden, Einführung eines Zweischichtbetriebs, Arbeit aus dem Home Office - dies und mehr zeigt Wirkung. Beratung, Verkauf, Montage, Beschaffung und alle anderen Prozesse können aufrechterhalten werden. Ich bin begeistert, dass unser gesamtes Witte-Team dafür so diszipliniert und motiviert an einem Strang zieht. Unser „Wir-Gefühl“ ist deutlich gewachsen.

Die größten Herausforderungen haben wir in der Beschaffung und im Vertrieb. Die Lieferketten sind langsamer geworden, zum Glück aber stabil, und der Nachschub an Bauteilen ist bis dato gesichert. In Einzelfällen müssen wir allerdings auf alternative Lieferanten wechseln. Die Vertriebslage ist schwer einzuschätzen. Momentan haben wir noch genügend Nachfrage und Aufträge. Das Corona-Virus sorgt in manchen Bereichen für eine gesteigerte Nachfrage. Der weltweite Mangel an Atemschutzmasken führt zu einem gesteigerten Bedarf an bestimmten Kunststoffen wie Polyethylen, aus dem das Vlies für die Atemschutzmasken hergestellt wird. WITTE liefert für diese ansteigende Nachfrage Zahnradpumpen, die im Herstellungsprozess für dieses Polymer eingesetzt werden. Für die weitere Entwicklung blicken wir positiv in die Zukunft, eine Prognose lässt sich aber schwer abgeben. Uns fehlen die Messen und die Kundenbesuche durch unsere Handelsvertreter. Wir setzen daher verstärkt auf digitale Kommunikation, per E-Mail, Website und unsere Social Mediakanäle, aber natürlich auch auf das Telefon. Über Aktuelle Entwicklungen in unserem Haus informieren wir unsere Kunden per Newsletter und auf einer Corona-Infoseite auf unserer Homepage.

www.witte-pumps.com/corona-informationsseite/landingpage-corona-informationsseite/

Dr. Sven Wieczorek dankt seinem Mitarbeiterteam für das besondere Engagement, das den Kunden trotz Corona die gewohnte Zuverlässigkeit garantiert. Foto: WITTE PUMPS & TECHNOLOGY
Auch das ist Corona-Zeit: Für Hersteller von Vlies-Mundschutzmasken entwickelte und produziert WittePumps Spezialpumpen. Foto: WITTE PUMPS & TECHNOLOGY
RieckDruck, Tornesch

RieckDruck, Tornesch
Nathalie Rieck:

Als solides Unternehmen mit langer Tradition und immer wieder frischen Ideen ist RieckDruck geerdet genug, um auch Krisenzeiten zu überstehen. Aber sagen wir mal so:

Die Corona-Zeit ist sehr dynamisch. Viel Achterbahn, viel Adrenalin. Auch bei uns. Am 13. März, als die ersten Kontakt beschränkenden Maßnahmen offiziell verordnet waren, hagelte es Auftragsstornos im Wert eines sechsstelligen Bereichs. Veranstaltungsplakate, Dekomaterial, Pressemappen, Broschüren – nichts konnten unsere Kunden mehr gebrauchen. Wir beantragten vorsorglich sofort Kurzarbeit. Doch schon am nächsten Tag konnten wir uns vor neuen Aufträgen kaum retten. Neue Ideen der Unternehmen brauchten neue Werbemittel. Und das sofort. Zum Beispiel für Lieferservice-Angebote. So leisteten wir plötzlich Akkordarbeit, um alle Auftraggeber zufrieden zu stellen. Inzwischen ist es ruhiger geworden, aber wir haben immer noch gut zu tun. Zum Beispiel kümmern Kunden sich jetzt um Dinge, für die sie bisher weniger Zeit hatten. Ihre Aufträge erteilen sie jedoch sporadischer als sonst, was uns mehr Flexibilität abverlangt.

Überhaupt hat sich der Arbeitsalltag situationsbedingt sehr verändert. Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln, Reduzierung von persönlichen Kontakten - schon Anfang März, als sich die Corona-Krise anbahnte, hatten wir uns mit Vorsichtsmaßnahmen gut präpariert. Seither kommunizieren wir mit unseren Kunden fast nur noch online und per Telefon. Die Mitarbeiter und die Geschäftsleitung - das sind mein Vater, mein Bruder und ich - sind seitdem in zwei Schichten gesplittet, damit im Quarantänefall eine Schicht handlungsfähig bleibt und für unsere Kunden da ist. Die Schichten arbeiten zeitlich versetzt. So können Elternteile von betreuungsbedürftigen Kindern dann arbeiten, wenn ihr Partner zu Hause ist. Für einige Arbeiten bieten wir auch das Home Office an.

Das in dieser Zeit problematische Thema Kinderbetreuung hat uns übrigens auf die Idee für eine Sponsoring-Aktion gebracht. Mit Unterstützung hiesiger Zeitungsverlage und einer Lebensmittelhandelskette haben wir unter dem Titel „Zusammen malen gegen Langeweile“ kostenlos rund 420.000 Malbögen für Kinder produziert. Sie wurden allen Zeitungen im Norden beigelegt und sind in vielen Geschäften ausgelegt.

Kostenlose Malbögen für Kinder – mit dieser Idee will Nathalie Rieck Kindern eine Freude und den gestressten Eltern einige ruhige Minuten bescheren. Foto: RieckDruck
Wie aktuell viele erlebt auch Junior-Chefin Nathalie Rieck mit Kind im Home-Office nicht immer störungsfreie Telefon- und Videokonferenzen.
Metalltechnik Cornils, Tornesch

Metalltechnik Cornils, Tornesch
Matthias Cornils:

Man weiß leider nicht, wie lange diese Corona-Krise dauert. Aber ich hoffe, dass unser Finanzpolster ausreicht, um diese Ausnahmesituation zu überstehen. Schließlich laufen die Kosten trotz sinkender Einnahmen in voller Höhe weiter.

Wir haben alle Schutzmaßnahmen getroffen, soweit sie möglich sind. Überall Desinfektionsmittel für die Hände, Besprechungen mit mindestens zwei Metern Abstand, in der Regel aber Kontakte nur per Mail oder Telefon, Lieferanten legen Ware draußen ab und so weiter.

Die Auftragslage für unsere Förderanlagen hat sich merkbar verschlechtert. Die Kunden brauchen sie momentan nicht oder schrecken wegen der unsicheren Lage vor Investitionen zurück. Angefangen hat es mit Stornierungen und Zeitverschiebungen bestehender Aufträge, dann blieben auch neue Aufträge so gut wie aus. Sogar mit dem Aufbau von fertiggestellten Anlagen gibt es Probleme, zum Beispiel sehr kurzfristige Absagen vor dem vereinbarten Termin. Dabei wäre diese Arbeit unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen durchaus möglich.

Das geringere Arbeitsvolumen hatte in unserer Mannschaft vorübergehend zwei Kurzarbeiter zur Folge. Andere Mitarbeiter bummeln Überstunden ab oder nehmen Resturlaub. Mir selbst kommt das gesunkene Arbeitspensum insofern zu Gute, als ich mich jetzt intensiver um unseren Hallenanbau kümmern kann.

Matthias Cornils ist froh, sich jetzt mehr um den Hallenneubau kümmern zu können, der - wenn die Geschäfte wieder normal laufen - dringend gebraucht wird. Foto: HassPR
PitPony, Heede

PitPony Pferdedeckenwaschservice, Heede
Florian Ott:

Wir können eigentlich noch gar nicht viel darüber sagen, was die Corona-Pandemie für PitPony bedeutet. Denn wir sind ja gerade erst Ende 2019 angefangen mit der Reinigung und Imprägnierung von Pferdedecken. Unsere momentane Herausforderung ist es eher, den Service bekannter zu machen.

In den ersten Wochen dieses Jahres hat sich das Geschäft langsam entwickelt. Jetzt ist das Feedback trotz Corona schon besser. In den ersten beiden Aprilwochen waren dreißig und in der dritten Woche fünfzig zu reinigende Pferdedecken abgegeben worden. Die Steigerung könnte daran liegen, dass auf den Reiterhöfen bei Einhaltung der Schutzmaßnahmen geregelt weiter geritten wird und sich unser Service unter den Reitern herumspricht. Geholfen haben kann auch unsere Sonderaktion, mit der die Kunden bis zum 31. Mai 20 Prozent Nachlass auf alle Deckenwäschen erhalten. Aber es gibt auch einen ganz anderen Vorteil, der sich in Corona-Zeiten bemerkbar gemacht haben könnte. Die Decken werden grundsätzlich kontaktlos abgegeben. Wir haben dafür zwei Sammelcontainer aufgestellt: Einen auf unserem Ott-Firmengrundstück im Heeder Gewerbegebiet und einen bei der Schnelsener Mühle in Hasloh. Zurück gehen die Decken an ihre Besitzer entweder per Versand oder sie werden - jetzt natürlich unter vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen - abgeholt. Die Leerungszeiten der Container und weitere Infos über unseren Pferdedeckenwaschservice haben wir auf unserer Homepage unter pitpony.de veröffentlicht.

Die Brüder Florian und Frederik Ott haben Ende 2019 an ihrem Heeder Firmenstandort zusätzlich zu ihrer Milnor Deutschland GmbH den PitPony Pferdedeckenwaschservice eröffnet. Foto: HassPR
Anhängerverleih Schlüter, Heede

Anhängerverleih Schlüter, Heede
Karin Schlüter:

Am Anfang der Corona-Pandemie haben mein Mann und ich noch oft Kipp-Anhänger verliehen. Da viele Leute zu Hause waren, haben Sie Ihre Gärten gemacht und die Abfälle zur GAB gefahren. Aber jetzt leiht sich kaum noch jemand einen Anhänger aus unserem vielfältigen Sortiment. Möbelkauf und Umzüge finden nicht statt. Trailer für Auto oder Motorrad braucht niemand, weil man keine Ausflüge mehr machen darf und es keine Veranstaltungen gibt. Auch die Kunden, die sonst über Ebay-Anzeigen gekaufte Sachen oder Dinge aus dem Baumarkt transportieren, bleiben so gut wie aus. Unser noch junges Neugeschäft, also der Verkauf von Anhängern, ist gleich null. Wir könnten auch schwer Lieferfristen einhalten, für spezielle Wünsche schon gar nicht.

Den wenigen Kunden, die noch direkt zu uns kommen, begegnen wir selbstverständlich mit den nötigen Schutzmaßnahmen. Desinfektionsmittel, 2 Meter Abstand bei Vorführung der Hänger, Übergabe der Papiere via Fensterbank, neuerdings auch Schutzmasken. Betonen möchte ich, dass wir für unsere Kunden weiterhin da sind, erreichbar unter 0151 - 68 73 23 23 und avsheede@gmail.com.

Noch können wir diesen belastenden Zustand aushalten. Wir warten ab und hoffen darauf, dass Urlaube bald wieder möglich werden und unser Geschäft beleben. Aber die Angst, dass viele Betriebe, auch wir, koppheister gehen könnten, wenn der Stillstand noch lange anhält, die ist da.

Karin und Dirk Schlüter warten ab und hoffen auf bessere Zeiten für ihren Anhängerverleih. Foto: HassPR
DAJA Chocolate, Uetersen

DAJA Chocolate , Uetersen
Danila Klüver:

Uns betrifft die Corona-Krise bereits seit Februar. Wir wollten Fuß fassen auf dem asiatischen Markt und hatten unsere erste Auslandsmesse in Singapur geplant. Die Messe fiel jedoch aus. Die finanzielle Förderung, die wir für den Messeauftritt erhalten hätten, und die erhofften Aufträge fielen somit auch aus und wir blieben auf nahezu 100 % aller Kosten sitzen. Auf die Ausbreitung des Virus‘ in den europäischen Raum waren wir also schon schmerzlich vorbereitet. Und es kam dicke: Keine Märkte und Messen mehr. Kein Café-Betrieb und keine Veranstaltungen in unserer Manufaktur. Kaum Stammkunden, die Osterpräsente kaufen kamen. Und - völlig überraschend - auch kein Ostergeschäft mit unseren Partnern im Lebensmitteleinzelhandel. Nur unser Außer-Haus-Verkauf funktionierte noch. Bitter auch: Unsere Verkaufsfiliale auf Fehmarn, die wir erst vor einem Jahr geöffnet haben und viel Investment kostete, mussten wir wegen Touristenmangels schließen. Die Kosten explodieren dort.

So schnell, wie fast sämtliche Geschäfte wegbrachen, mussten neue Einnahmequellen her. Innerhalb von nur 48 Stunden bauten wir einen vorübergehenden Onlineshop. Der endgültige dauert leider noch. Über soziale Medien, Freunde und Bekannte machten wir diesen Einkaufs- und Lieferservice bekannt und bekamen in kürzester Zeit mehr Resonanz, als wir zu hoffen gewagt hatten. Außerdem bewarben wir auf diesem Weg erfolgreich unsere Gutscheine und Jahres-Abos. Ein paar Euros sammelten wir auch über eine Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Startnext ein.

Das alles reicht bisher aber nicht, um die nächsten Wochen und Monate zu überstehen. Unsere Hausbanken fragten wir leider vergeblich nach Fördermöglichkeiten von Bund und Land. Nur Kurzarbeitergeld und die Soforthilfe konnten wir beanspruchen. Um auch ohne Kredite weiter über die Runden zu kommen, arbeiten wir an weiteren Konzepten. Aktuell an der langgehegten Idee, unsere Manufaktur zu einer Erlebnis-Chocolaterie zu entwickeln. Für das dazu benötigte Kapital geben wir „Chocolate Papers“ zu verschiedenen Preisen und Laufzeiten aus. Die Erwerber erhalten im Gegenzug Produkte und diverse Vorteile. Wer uns so unterstützen möchte, und das werden hoffentlich viele, findet unter www.daja-chocolate.de mehr Information.

Auch wenn Corona für DAJA bitter ist, ein süßer Protest muss sein. Foto: DAJA

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