Ausbildungsbetrieb und Azubi – ein neues Verständnis ist gefragt

Foto: U.Weinreich/pixelio.de

Die Wirtschaft braucht dringend neue, gut qualifizierte Fachkräfte, damit der Strukturwandel gelingt und unser Wohlstand erhalten bleibt. Das Thema Ausbildung spielt dabei eine wichtige Rolle, denn Ausbildungsbetriebe schaffen den nötigen Nachwuchs in unzähligen Berufen. Doch es wird immer schwieriger, junge Leute zu finden, für die Ausbildung zu begeistern und bei der Stange zu halten.

Am 23. März lädt die WEP Wirtschaftsförderung in Kooperation mit der IHK-Zweigstelle Elmshorn Unternehmer und Personalverantwortliche zu einer Veranstaltung ein, die aufzeigt, wie Ausbildungsbetriebe und Azubis zueinanderfinden und ihre Wünsche und Vorstellungen auf eine Linie bringen können. Einen kleinen Vorgeschmack auf den Veranstaltungsinhalt gibt Dr. Paul Raab, Leiter der Zweigstelle Elmshorn der IHK zu Kiel, dem WEP Report in einem Interview.

Dr. Paul Raab, Leiter der Zweigstelle Elmshorn der IHK zu Kiel, stand dem WEP Report zum Thema Ausbildung Rede und Antwort. Foto: Andreas Tamme

Herr Dr. Raab, auf welchen Wegen spricht man potenzielle Auszubildende am besten an? 

Elementar sind soziale Medien, im Augenblick ist TikTok davon das meistgenutzte, daneben Instagram. Es gibt Agenturen, die Ausbildungsbetriebe auf Wunsch dazu mit Dienstleistungen unterstützen. Wichtig ist, dass sich Betriebe und ihre Beschäftigten authentisch zeigen und echte Einblicke in das Unternehmen und die Arbeitswelt bieten. Eine gute Resonanz versprechen auch Ausbildungsmessen, von denen es unterschiedliche in unserer Region gibt.

Was ist Auszubildenden wichtig, wenn sie sich um einen Ausbildungsplatz bewerben? 

Aufstiegsmöglichkeiten oder materielle Vergünstigungen treten nach unserer Erfahrung eher in den Hintergrund. Jugendliche möchten in der Regel Arbeit und Freizeit miteinander vereinbaren können, also eine für sie gute Work-Life-Balance erreichen. Außerdem möchten sie einen Sinn in ihrer Tätigkeit finden. Um Jugendliche effektiv anzusprechen, ist das Image des Unternehmens wichtig. Das Image lässt sich auf der Internetseite und natürlich auch in den sozialen Kanälen abbilden. Die Chancen auf eine Bewerbung steigen, wenn ein Unternehmen gut erreichbar ist.

Wird das Leben damit zum sprichwörtlichen Ponyhof, darf ein Ausbildungsbetrieb also keine Ansprüche mehr stellen? 

Doch, das soll ein Ausbildungsbetrieb sogar. Die Unternehmen müssen aufgrund der Bewerberlage insbesondere bei der Besetzung kompromissbereit sein. Es ist jedoch wichtig und Teil der Ausbildung, Jugendlichen ein Feedback zu ihren Leistungen zu geben. Wichtig ist, dass man sich austauscht und diesen Austausch auch pflegt. Häufig entstehen Konflikte schlicht aus Missverständnissen, die im schlimmsten Fall zu einer Vertragslösung oder sogar zur Kündigung führen. Das kann nach unserer Erfahrung in den meisten Fällen vermieden werden.  

Welche Möglichkeiten gibt es denn, Jugendlichen einen Sinn in ihrer Tätigkeit zu vermitteln? 

Wo früher ein Fehlverhalten mit Kritik belegt wurde, kann man daran denken, Jugendlichen eher in Maßen noch mehr Verantwortung zu übertragen. Das mag widersinnig klingen, ist es aber nicht: Jemand, der gefordert wird und – immer im angemessenen Rahmen – eigene Entscheidungsspielräume eingeräumt bekommt, fühlt sich besser wertgeschätzt. Die Auszubildenden fühlen sich an Erfolgen und Misserfolgen des Unternehmens beteiligt. Dies kann das Identifikationsgefühl mit dem Betrieb verstärken.

Wie binde ich Auszubildende an mein Unternehmen? 

Eine große Kunst ist es sicherlich, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Wer sich einem Unternehmen zugehörig fühlt, übernimmt Verantwortung nicht nur für seine eigene Aufgabe, sondern für das Ganze. Und damit schließt sich wieder der Kreis zum Ausbildungs-Marketing: Wir hören häufig bei unseren Betriebsbesuchen, dass Auszubildende, die sich als Teil eines Unternehmens fühlen, gerne bereit sind, bei Gleichaltrigen Werbung für die Ausbildung im eigenen Unternehmen zu machen. In unserem Programm „IHK-Ausbildungsbotschafter“ gehen Azubis im zweiten und dritten Lehrjahr direkt in die Schulen, liefern Informationen aus erster Hand und sind “Influencer” für die Ausbildung.

Danke für diesen Einblick, Herr Dr. Raab, der – wie wir hoffen - unsere Leserinnen und Leser auf die Veranstaltung zu diesem Thema schon mal ein wenig neugierig gemacht hat.

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